Freude
(eine unvollständge Sammlung von Gedanken zur Freude)
Wie bleiben wir Sonnen? Freude kann Arbeit bedeuten, oder zumindest einen festen, bewussten, langfristigen Entschluss.
Jesse Ball in Census
Mostly it was a matter of mood – keeping a strong mood of joyfulness and gratefulness, and trying not, in our attitudes or speech, to lay the world out in hierarchies.
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Das habe ich im Sommer 2021 in einem Brief für Die Gute Website geschriebenIch melde mich aus meinem Sommermodus, dem Modus der Daheimgebliebenen in diesem weiteren sehr seltsamen Sommer, dem Modus der gefundenen Ruhe in einer Unruhe.
Ich schlendere beglückt durch die menschenleere Bibliothek, ich ziehe morgens zwei Pullover und abends Sandalen an, ich bin zerstochen von Mückies und zerkratzt von Brombies und Heckenrosen. Ich schreibe an einem neuen Gedichtband, ich lege Sachen in meinen Beutel, ich putze das Bad. Ich bin wenig am Computer, wenig an meinem Telefon, ich bin im Bett oder auf dem Fahrrad oder schaue aus dem Fenster. Ich plane einen neuen Wald zu entdecken.
Ich melde mich aus der Sommerküche, in der ich Gartenkartoffeln koche und mit Butter und Salbei und Rosmarin verschlinge.
Ich melde mich von einem inneren Ort, an dem eine trockene Ehrlichkeit so selbstverständlich ist wie die knisternden Äste auf einem Kiefernwaldboden. So vieles ist zurzeit für mich ein Neulernen von Vertrauen zu der Welt. Was eine absurde Aufgabe ist, bei dieser Welt, oder eher bei all dem, was darin kaputt ist. Und ich vertraue trotzdem, ich lerne es wieder, ich übe, mich wieder sicher in der Welt zu fühlen.
Ich melde mich mit Freude an diesen Worten und dieser Ehrlichkeit. Das hier ist natürlich ein seltsamer Brief, ein Zwischending ohne eigenen wirklichen Auftrag, aber es ist genau der Brief, an dem ich gerade Freude habe, das sind die Worte, die ich dir schreiben will.
Damit habe ich den Website-Kurs begonnen, und ich übe es weiter: Wie wichtig und entscheidend das ist, immer wieder von der Freude aus zu beginnen. Zu lernen: Alles folgt der Freude. Ich kann der Freude trauen.
Da hinzugehen und das aufzusuchen, was dich fröhlich macht, wo es leicht geht, wo du spielen und fließen kannst. Später kann und darf und soll Strategie drauf und Klarheit und Ausrichtung, aber das fällt alles so viel leichter, wenn du aus der Freude beginnst.
Ich mag Freude als Anker sogar noch mehr als das berühmte „Warum“, denn das Warum formulieren wir so oft im Kopf aus, und die Freude fühlen wir im Körper. Die ist eine Schicht drunter, und oft eine Schicht klüger, und manchmal viel pragmatischer.
Und Freude ist bescheiden – sie ist erstaunlich oft möglich, auch in Situationen, in denen wir keine Leidenschaft haben, sondern einen Druck aushalten müssen, in Situationen, in denen wir gar nicht so tief graben können oder wollen.
Eine Leserin schrieb mir auf diesen Brief, wie sie seit Monaten mit dieser Frage ringt und keine Antwort findet, wie sehr sie auf den Prozess vertrauen muss. Und da ist mir erst so richtig aufgefallen, wie viel Mut diese Frage auch benötigt, wie sie erstmal ganz lieb und süß wirkt, und eigentlich so eine rumpelnde, radikale Kraft hat.Sie zu finden, braucht manchmal Übung und einen Moment Zeit, aber dann geht der Prozess entspannter voran und stockt weniger, so oft habe ich das jetzt schon erlebt und miterlebt.
Die Sommerfrage also, die ich dir hier mitbringe: Woran hast du Freude, und wo zeigt sie dir einen Weg?
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Was ich machen will, wo es mich hinzieht von innen, wo ich anspringe: Driften, treiben, strömern, entdecken, ohne Zeit und Termin und Handy und Identität, ohne Ziel aber mit Absicht, wie träumen, wie wachsen. Über Dérives nachzudenken, über dieses (privilegierte) Werkzeug, lesen, was dazu bereits gedacht wurde. Das ist erstmal im Moment der dringendste Wunsch, glaube ich, das ist, was am meisten fehlt.
Außerdem: Schwimmen im See, so oft wie möglich. So weit kommen mit meinem neuen Handwerk, dass ich wirklich mit dem Holz arbeiten kann, dass ich Möglichkeiten selber sehe, dass ich flüssig Holz spreche und mich nicht dauernd selber aufhalte. Im Schreiben will ich fühlen, noch viel tiefer spüren und aufblättern, mich noch mehr trauen, noch unbekümmerter und ehrlicher werden, noch melodischer. Hören will ich lernen, Melodien hören und sie aufnehmen und sie bauen, Alltagsmelodien. Das zieht sich, wie das Schreiben, über alles andere hinweg, oder verknüpft alles. Sheeplandish sprechen. Gut stopfen lernen, Löcher fein und fest verweben. Mit Freund:innen sprechen, mit ihnen lesen, hören, schreiben, denken, lachen, stopfen, schwimmen, driften. Das zieht sich auch über vieles hinweg. Mit meiner Stimme arbeiten. Mit meiner Stimme spielen. Mit allem spielen. Bewusster werden, bewusster arbeiten, bündeln, weitergeben. Gruppen in wirklich wichtigen Prozessen anleiten, meinen Einfluss sinnvoll nutzen und sinnvoll vergrößern.
Und: Ich finde Freude darin. In dem Wind, in den Pausen, im Stillstand, im Gras, im plötzlichen Regenguss, in Kollaborations-Ideen, in dem Balkonabend, in Ruhe.
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And what if we don’t want to be billionaires? What if we just want to be, you know, happy?
I have decided to be happy. I have to be happy to do good work. I can be happy without doing work, neither good nor bad. Icecream for lunch. Sun in my braids. Instagram for novels.
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Anxiety stops you from enjoying being in your head.
Heather Havrilesky in Ask Polly: Should I quit my day job to write a book?
Do all of the things. Don’t just write a book right now. DO ALL OF THE THINGS RIGHT NOW. Enjoy them and celebrate them. Today is all you have. You don’t need a future. You don’t need a finish line. When you realize that, time slows down. You just need this day.
Believe in this day. Celebrate your funky, fucked-up brain and your off-kilter, uncertain life today, and you’re a success, period. (…) That’s all there is. It is enough.
Das ist die einzige Art von Fatalismus, die ich gerade ertragen kann, und die ich dringend brauche. Mein Problem ist nicht, dass ich die Dinge nicht ernst genug nehme, sondern dass ich sie nicht genug genieße. Wie Hund: rein ins Wasser.
Da wieder hinkommen: Es in meinem Kopf mögen, und total abfeiern, was dort passiert.
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Where’s the point if I’m not having any fun?
Die Freude kommt mit der Aufmerksamkeit, mit was auch sonst, und die kommt mit der Wachheit. Ich verabschiede mich (zum wiederholten Mal) von der ebenfalls immer noch in mir verkrallten Vorstellung, dass Kunst nur das sein kann, was nichts mit unmittelbaren Bedürfnissen, mit Körper und Alltag und dem eigentlichen Leben zu tun hat.
Ich will diese falschen Wertungen des Angewandten nicht mehr, ich will diese Stimmen nicht in mir, ich will vom Essen schreiben, ich will so viel Geld machen und so viele hübsche Fotos und dumme Sprüchlein, wie ich eben will und ganze Schmucklabels und große rohe Mengen an Texten, ich will Tiere und Babies mögen, ich will lila flatternde Kohlblätter zusammenbinden oder auch nicht, es spielt keine Rolle und natürlich spielt nur das eigentlich eine Rolle: Wie fühlen wir dabei mehr?
Was würde ich sagen, wenn ich weniger sagen wollen würde?
siehe auch Spielen