Ich spreche mit allem, mit den Geräten, mit den Pflanzen, mit dem Fahrrad, mit den Ateliergeistern, ich sage ihnen, wann ich wieder komme, ich spreche mit der Kleidung, mit den Ringen und Ketten, mit allen kleinen Dingern.
Paul Hermann 1898 in seinem Buch über deutsche Mythologie Vom Anfang und Ende der WeltWicht (…) gehört zu wegen, bewegen und bedeutet „kleines Ding“, „Ding“ überhaupt: die Wichte der germ. Mythologie sind nichts wie „Dinger“
Ich singe allem kleine Lieder, und das meiste singt zurück.
Die Ringe summen, wenn ich sie anziehe. Die Ketten um meinen Hals denken mit. Der Ohrring hat eine klare helle Stimme.
aus Jewels NowHier ist Peter Egli über den Schmuckkünstler Bernhard Schobinger und seine Partnerin Annelies Štrba, die Aufnahmen der Schmuckarbeiten macht, die an Menschen erinnern, … denen Schmuck als Bindung an die Welt des Unbelebten – aber nicht Seelenlosen – so selbstverständlich war, dass Schmuck und Mensch zum unteilbaren Ganzen wurden. Genau das aber müssen wir wieder lernen, dass Schmuck nicht tot ist, sondern uns verbindet, hier durch diese Dinge ohne Wert, diese Relikte des Fleißes, der Geschicklichkeit und der Sorgfalt längst Entschwundener, mit unserer Vergangenheit, und dort, wo ein Klümpchen eines vom Himmel gefallenen Meteors zum Schmuck wird, mit dem Unvorstellbaren außerhalb unserer Welt.
aus der Ausstellung Rings of Saturn
Die Dinge haben alle Seelen, natürlich, that’s the whole point of jewelry.
Das haben wir erst seit einem Wimpernschlag vergessen, seitdem wir uns selber kolonialisieren, seitdem die sogenannte helle Vernunft den sogenannten trüben Seelenglauben verspottet.
Ich spreche mit meinen Leberflecken, auch sie sind Schmuck, von meinem Körper ohne mein weiteres Zutun hergestellt. Etwas verschiebt sich in mir, wenn ich meinem Körper zugestehe, dass er mich schmückt.
Ich spreche mit den Dingen der Welt, und lese sie, weil sie Zeichen geben.
Ich lese die anderen Wesen und Wichte um mich, die menschlichen und mehr-als-menschlichen, ihre Zeichen, Spuren und Flecken und Geräusche und Gerüche.
Buchstabenbroschen von Volker Atrops aus der Best Friends Gallery
inspiriert von David Abram und seinem Buch The Spell of the Sensous und dem Essay Tracking as a way of knowing von Sophia Sinopoulos-Lloyd, daraus ist diese Notiz entstandenWas ein anderes und komplexeres Lesen als das in Texten ist, egal wie hell sie von der Vernunft erleuchtet werden, denn an den Wesen ist jedes Zeichen einmalig und kontextabhängig, benötigt zum Entziffern alles an mir, was Mensch ist und was Mensch an Mustern und Bedeutung und Widerspruch erkennen und halten kann, und nicht nur den Kopf.
aus Mein Hirn ein SeeHier Ágnes Nemes Nagy dazu:
Man lerne. Winterbäume.
Wie sie im Raureif stehen.
Man lerne. Sommerwolken.
Wie Himmelswälder glühen.
Man lerne Honig, Walnuss,
Raumschiff und Pappelbaum,
Wörter wie Montag, Hétfö,
Kedd und Freitag auch,
Ungarisch, alle Sprachen,
man lerne, was auftaucht.
Was leuchtet, Zeichen gibt:
Man lerne, was man liebt.