Hier ist ein Halsschmuck zum Thema Familie, den ich ca. 2005 gemacht habe:
Er besteht aus jeweils einem in Silber abgegossenen und roségold vergoldeten Fußnagel meiner Eltern und meines Bruders.
Schön war, wie unterschiedlich mir damals die drei ihre abgeschnittenen Fußnägel geschickt hatten. Die Mama mit Karte und Gedicht (mit lieben Grüßen von meinen Füßen), der Papa ganz ordentlich, ich glaube in einem Tupper, der Bruder (der zu der Zeit Zivildienst machte in einem medizinischen Institut) als Biopsie verpackt mit ausgefülltem Laufzettel.
Ich denke viel über Familie nach zurzeit, als Ausläufer der Tantenthemen, aber auch als Frage danach, wie wir uns in der Welt insgesamt verorten.
Ich habe mich an einer Definition von Familie versucht, die hauptsächlich aus Fragen besteht. Aus der Notiz:
Wieso beziehen wir beim Sprechen über Verwandtschaft meist nur andere Menschen mit ein, keine Tiere, Bäume, Flüsse, Steine? Und wieso versuchen wir innerhalb dieser Begrenztheit dann auch noch dank der Grenzen der Familiendefinition so viele Menschen auszuschließen, uns verwandt zu machen mit höchstens noch unseren Cousins und Cousinen zweiten Grades?
(Und Richard Powers antwortet:There are humans who can see cousins in creatures where other people see only otherness.)
Über Familie nachdenken heißt auch über Erinnerung nachdenken, und über ihre Wackligkeit.
(Hier ist etwas, was wirklich ganz genau so passiert ist.)
(Hier ist etwas, was ich mir überhaupt nicht und niemals vorstellen kann.)
Und damit im nächsten Schritt über die Geschichten, die ich mir erzähle, die Identität, die ich mir auf und aus diesen Erinnerungen und Erlebnissen aufbaue.
Dazu, und wie sich diese Art von „narrativer Identität“ aufs Schreiben auswirkt, nehme ich gerade an einer sehr tollen Workshopreihe teil. Die Gedanken und Erkenntnisse aus diesem Workshop will ich hier sammeln.
Auch diese Workshopsammelnotiz besteht hauptsächlich aus Fragen, zum Beispiel:
Wenn die Erzählung zur Wahrheit wird, und die Erzählung je nach Situation eine andere ist und eine andere sein muss, wie kann man dann „sich selbst treu bleiben“?
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Und, um den Schmuckbeutel wieder zuzuschnüren, ist hier noch eine Frage: Bedeutet Schmuck machen immer auch Besitz machen?
Gurr gurr
Ricarda