Kluge Dinge
Vor langer Zeit habe ich ein Buch von Wolfgang Schmidbauer gelesen, Die einfachen Dinge. Er beschreibt darin, wie bestimmte (meist einfache) Gegenstände dich durch ihre Nutzung zur Reflektion zwingen, und andere Gegenstände (meist komplexere, die Rohstoffe verbrauchen) durch ihre Vereinfachung der Tätigkeit dir keine Erkenntnismöglichkeiten bieten. Diese zweite Art nennt er die „dummen Dinge“, da sie uns der Möglichkeit berauben, „Geist und Körper zu üben“.
Ein Fahrrad ist für ihn ein kluges Ding, da seine Funktionsweise leicht zu begreifen und Schäden daran meist gut selber zu reparieren sind. Ein modernes Auto mit Bordcomputer ist dieser Logik nach ein dummes Ding, da es uns Mühe abnimmt, ohne uns dabei neue Erkenntnisse über die Realität zu geben.
Über das Feuer sagt er: „Ein Feuer am Brennen zu halten ist eine elementare Form der Fürsorge, aus der wir unendlich viel über ökonomisches Vorgehen, die Einschätzung von Risiken und die komplexe Interaktion zwischen Verschwendung und Geiz lernen können. So viel wie nötig, so wenig wie möglich — das ist ein Grundgesetz guter Beziehungen.“
Mich interessieren diese Gedanken weiterhin, und ich überprüfe meine eigenen täglichen Werkzeuge immer wieder mit diesem Blick.
Meinen Spitzer begreife ich erst als dummes Ding, als ich beginne, mit dem Messer meine Stifte zu schärfen, und dann auch erst so richtig, als ich bemerke, wie ich dank meiner Übung und der Techniken vom Löffelschnitzen nach und nach viel feiner und genauer meine Stifte spitzen kann.
Wobei eine Toilette, die völlig unnötigerweise große Mengen Trinkwasser verbraucht (lies: quasi alle deutschen Toiletten), tatsächlich nicht wirklich anders als dumm genannt werden kann.Ich lehne die Binarität „dumm-klug“ allerdings ab, und bin interessierter an der Unterscheidung, die Schmidbauer in späteren Texten dazu trifft, zwischen einer „übenden“ und einer „komfortablen Technologie“.
Ich mag die Vorstellung, durch eine anstrengendere Technologie zu üben, die eigene träge Verwöhntheit und Taubheit den Gegenständen gegenüber zu überwinden.
Ich mag den Gedanken: Ein Ding gut zu nutzen heißt es als Werkzeug zu nutzen, um damit neugiergetrieben das eigene Leben zu erforschen. Ich will daran glauben, dass das mit fast allen Dingen gehen kann.