Kopieren

Nachdenken über das Kopieren beim Zeichnen, über die Lücke zwischen dem Erkennen der Linien und Formen, die einem gefallen, und den Linien und Formen, die auf dem eigenen Papier landen (mein Kopieren im Skizzenbuch ist holprig und nicht zufriedenstellend, aber das ist ok, ich kann mich da durchwurschteln, das ist der gefährliche Gap, durch den man immer wieder durch muss, damit kann ich umgehen inzwischen.) Über diese Phasen, in denen einfach gemacht werden muss, eins um andere, auch eins ums andere kopiert werden muss, damit die Information in mir ankommt und dann, wenn ich weiter mache, weiter verarbeitet wird, um als etwas von mir gefiltertes ganz anders und doch ähnlich auf dem Papier zu landen.

Die meisten (Tattoo) Künstler:innen, deren Arbeit mich anzieht (deren Arbeit ich kopiere, um die Information in meine Hände zu laden), haben vermutlich bei Kindern kopiert. Ich kopiere knallhart vom Kind. Das Kind sagt: Ich wusste, dass du mir das nachmachen wirst.

Das sind mir eh zu viele Machomännchen, ist schon gut, wenn wir das anders und für uns machen und es hat eh keiner alleine was erfunden.

Ist diese Übung des Kopierens von Zeichnungen auf Text übertragen ein wildes Übersetzen?

Glaube ich überhaupt an Kopien? Also natürlich weiß ich, dass nur zu oft bestimmte (sichtbarere) Menschen Ruhm und Achtung und Geld bekommen haben und bekommen für etwas, was andere (weniger sichtbare) Menschen zuerst versucht, gedacht, ausprobiert, formuliert haben, und dass diese Achsen der Un/Sichtbarkeit natürlich Achsen von Macht und Privilegien sind, und dass das Plagiat genannt wird, und dass das oft über Gerichte und Geld geregelt wird, und dass das trotzdem Grauzonen sein können.

Glaube ich neben diesen strukturellen und kommerziellen Fragen daran, dass eine Person wirklich etwas kopieren kann von einer anderen Person? Ist der Strich nicht immer ein bisschen anders, ist der Tonfall nicht immer ein anderer, weil Körper, weil Kontext? Kommt es auf den Grad der Andersartigkeit an? Kommt es auf den Grad der Veröffentlichung an? Kommt es auf die Menge des Geldes oder des Ruhmes an, die mit der Kopie gemacht werden?

(Für mich im Zimmerlein kann ich ja üben und kopieren so viel ich will und brauche)

Und dann kommt wieder der Moment, an dem ich mich daran erinnere, dass ich ja nicht gerade erst begonnen habe zu zeichnen, und dann hole ich die Skizzenbücher und die Kartons voller Zeichnungen und bemalter Zettel und Karten, und ich durchforste sie noch viel hemmungsloser, denn von mir selber kopiere ich am liebsten, und eigentlich habe ich schon ein ganzes Flash Book beisammen, jetzt muss ich nur noch die Technik lernen und üben und üben und weiter zeichen, immer einfach WEITER MACHEN und WIEDERHOLEN.

Ich entdecke die Praxis des Kopierens wieder (schon wieder), dank einer Kandinsky Postkarte, die das Kind mir aus seinem Verschenkekistenfundus gibt und mir sagt, ich solle die abmalen; eine kleine Landschaft mit großen Felsen und drei Reiter:innen, und es ist sehr schwer und sehr leicht gleichzeitig, ich habe die falschen Farben und wenig Übung gerade, UND es macht so viel auf und möglich, es prägt gleich die nächsten kleinen Zeichnungen auf der nächsten Seite, ich übe Dichte und Schichtungen und lose Striche, es bleibt immer etwas in einem von jedem Versuch, den man unternimmt.