Patchwork-Arbeit
Patchworken ist …
- wenn dein Leben nicht nur aus einem Strang besteht, und du dir das auch gar nicht anders vorstellen kannst.
- wenn dein Leben nicht nur aus einem Strang besteht, und du dir an manchen Tagen sehnlich wünschst, es wäre nur einer, oder sogar nur ein halber.
- wenn du länger als einen Satz brauchst, um zu erklären, was du tust.
- wenn du manchmal schon gar keine Lust mehr hast, zu erklären, was du alles tust.
- wenn du stundenlang darüber sprechen könntest, was du tust.
- wenn du das Gefühl hast, dass selten alle Seiten von dir anwesend sind, und jedes Ich hat seine eigene Sprache und seinen eigenen Freundeskreis, vielleicht sogar seinen eigenen Dresscode.
- wenn du dich ungern googelst, weil du nicht sehen willst, was da für gegensätzliche Dinge auftauchen, wenn du seit Jahren versuchst, die unter einen Hut zu bringen, wenn du nie nur eine Website haben könntest.
- die Freude, mit so vielen unterschiedlichen Menschen zu arbeiten und in jeder Facette etwas entdecken zu können.
- wenn hundert Flicken dann plötzlich doch zusammenpassen.
- niemals langweilig.
- oft ermüdend.
Nicht jede Person will patchworken. Manche müssen es. Weil ohne einen zweiten Job das Geld für die Miete nicht reicht. Weil du als alleinerziehendes Elternteil nicht wirklich eine Wahl hast. Weil das mit der Musik einfach noch eine Weile dauert.
(Mehrere Jahre lang habe ich mit Alicia Metz zusammen einen Blog über unsere Patchwork-Arbeit geführt, ein leicht chaotisches Archiv unserer Tagebuch-Einträge ist hier zu finden. Wir schrieben damals: Wir wollen mit dieser Plattform dazu beitragen, dass aus diesem „muss“ mehr wird. Etwas, was sich freier und leichter anfühlt – mehr wie eine eigene, selbstbestimmte Entscheidung. Aus diesem Grund sind wir ehrlich hier, sehr ehrlich – mit uns selber und mit unseren Interviewpartner:innen, mit Blick auf unsere eigenen Voraussetzungen, mit Blick auf die Voraussetzungen anderer, mit Blick auf den Staat und auf unsere Gesellschaft. Aus diesem Grund erzählen wir dir an keiner Stelle, „wie einfach“ die Selbständigkeit oder ein fröhliches Patchworken ist, und dass das „jeder kann“. Trotzdem glauben wir daran, dass auch du – egal in welcher Situation du dich befindest – zumindest etwas müheloser patchworken kannst. Und vielleicht sogar, irgendwann, auch mit Freude.)
Marlee GracePeople are interested in intersections.
siehe auch als gesamte Person anwesend sein, Drehregler-Mentalität, Ungleichheit sehen lernen und die Verben sind mir wichtig